Inversionslagen lassen einen im wahrsten Sinne des Wortes über den Wolken stehen. Nachdem ich die bisher besten Tage 2016 leider verpasst hatte, konnte ich Ende November endlich den ersten Aufstieg machen! Mangels Schnee leider nur in Wanderschuhen…

Nächtliche Aufstiege haben etwas regelrecht meditatives: Besonders jetzt im Winter durchbricht einzig das leise Knirschen des Schnees unter Deinen Schuhen die absolute Stille, die Dich bei Deinen kleinen Pausen umhüllt. Liegt der Schnee hoch, schluckt er noch dazu alles, was sich an Lauten entwickelt. Sternenklar zeigte sich zudem diese vorletzte Novembernacht, sodass ich streckenweise sogar ohne Stirnlampe gehen konnte.

Den Herzogstand für den ersten Aufstieg im Winter wählte ich mangels Schnee, Zeit und damit der Nähe zu München wegen. Vor allem aber bietet er einen fantastischen Blick in alle Himmelsrichtungen: Nach Oberbayern im Norden, tief in die Tiroler Alpen im Süden, ins Karwendel im Osten und ins Wettersteingebirge im Westen. Wo sonst hat man zudem von einem Berggipfel den Ausblick auf sechs (!) Seen? Walchensee, Kochelsee, und Riegsee liegen zu Füßen, ferner bei guter Sicht der Starnbergersee, südlich davon die Osterseen und  der Staffelsee westlich vom Riegsee.

Der Anstieg

Der Herzogstand kann über mehrere Aufstiege erklommen werden – dieses Mal startete ich auf dem Pass zwischen Kochelsee und Walchensee. Um 05:00 Uhr, bei -10°C, Wind und Ende November ist niemand unterwegs, man hat den Anstieg und den Berg für sich allein. Also Stirnlampe an und los!

Der dato verschneite Weg bis zum Berggasthaus Herzogstand ist ein gekiester Forstweg, der Dich über wenige Serpentinen sehr steil und schnell Höhenmeter machen lässt. Ab und zu gibt der Wald den tollen Blick auf den Walchensee und in Flachland frei. Nach gut 4km öffnet sich der Wald zu einem kleinen Hochtal mit Aussicht ins Flachland bis München. Weide und Stall zeugen von der Viehwirtschaft im Sommer – jetzt Ende November ist in dem kleinen Tal die wohlverdiente Winterruhe eingekehrt.

Gut einen Kilometer läuft man eine lange Kurve entlang des Tals und könnte bis Mitte November endlich eine längere Pause im Berggasthaus Herzogstand eingelegen – jetzt jedoch ist die Hütte bereits geschlossen. Also weiter auf den letzten, nun deutlich interessanteren 1,3km bis zum Gipfel. Ein anfangs breiter, jedoch schnell eng werdender Pfad durch niedrige Fichten fordert gute Trittsicherheit, vor allem bei all dem verwehten Schnee und den darunter versteckten Eisplatten. Wer hat, sollte hier ggf. die Eiskrallen auspacken. Unterhalb des Gipfels gabelt sich der Weg und man hat die Wahl entweder zum Gipfelkreuz rechterseits (50m) oder zur immer offenen Schutzhütte linkerseits (150m) zu gehen. Spannender und schöner ist es links…

Endlich am Gipfel

Nach 1:45h kam ich im leichten Dämmern an der Schutzhütte an. Ich dachte, den Anstieg um 05:00 Uhr zu beginnen reicht, aber die ersten 20min Morgendämmerung hab ich damit verpennt. Mist! Merke also: 04:30 Uhr ist im November die Startzeit! Der phänomenale Blick vom Herzogstand und die langsam aufgehende Sonne ließen aber meinen kleinen Groll schnell vergessen. Dick eingepackt zwischen Steinen im Schnee liegend genoss ich nur noch den immer farbenprächtigeren Morgen mit seiner Eiseskälte und die seltene Stunde Nichtstuns.

Beim Abstieg in der Morgensonne zeigt sich die Natur von einer bizarr schönen Seite: Unter den dick vereisten Felsen gluckst das Schmelzwasser, vom Wind getriebener Raureif steht in langen Stacheln in der Sonne und zig Spuren im Schnee zeigen deutlich die hohe Wilddichte: Gams, Fuchs und vermutlich Reh zeichneten ihre Abdrücke in den Schnee.

Das ist das Schöne: Aufstieg- und Abstieg zeigen sich jetzt im Winter von gänzlich unterschiedlichen Seiten und bieten tolle Motive und Perspektiven.

Wann ziehst Du also los :)?